Chemiefreie Anzucht – das tollste Ergebnis in 120 Jahren Gärtnereigeschichte

Cosmos sulphureus Cosmic Gelb
Cosmos sulphureus Cosmic Gelb

Im Jubiläumsjahr (es gibt uns dieses Jahr seit 120 Jahren) haben wir uns selbst etwas Schönes gegönnt: Zum ersten Mal in unserer Firmengeschichte haben wir den Sommerflor (die Beet- und Balkonpflanzen) komplett chemiefrei angezogen.

Der Durchbruch in der umweltfreundlichen Produktion

Seit vielen Jahr setzen wir schon Nützlinge (= heimische Insekten) gegen Schädlinge ein. Das klappt, in vielen Fällen, sehr gut. Ein Hauptproblem bestand im sogenannten Stauchen: Kunden wollen (fast) immer extrem kompakte, niedrige Pflanzen. Auch für den Gärtner ist das lukrativ: Je kompakter die Pflanzen sind, desto mehr Pflanzen bekommt man im Gewächshaus unter und desto höher ist natürlich der Gewinn.  Das Stauchen wird fast immer chemisch durchgeführt. Oft sind es Pflanzenschutzmittel gegen Pilzerkrankungen, die eine wuchshemmende Wirkung haben.

Seit vielen Jahren setzen wir das chemische Stauchen sehr reduziert ein. Dieses Jahr hatten wir einen Tipp einer Gärtnerkollegin bekommen. Sie hat einen Jungpflanzenbetrieb in Niederbayern und hat das chemische Stauchen durch Spritzen von Schachtelhalmtee  ersetzt. Laut ihren Aussagen, haben sie es auch mit Schachtelhalmkonzentraten versucht, hier aber nicht die hemmende Wirkung feststellen können. Wir testen ja immer gerne neue Sachen und haben das im Schwabacher Betrieb probiert:

Marienkäferlarven auf Zinnie
Marienkäferlarven auf Zinnie

Das Ergebnis ist nicht mit dem chemischen Stauchen vergleichbar. Allerdings haben wir dieses Jahr wirklich gesunde Pflanzen. Generell merkt man, dass es mit dem Tee in der lichtarmen Jahreszeit gut klappt und seit Mai überwiegt die Wuchskraft der meisten Pflanzen. Trotzdem sind wir aktuell noch chemiefrei (wir definieren "chemiefrei" so, dass wir nur Mittel gespritzt haben, die auch im Bioanbau zulässig sind). Bei einigen Pflanzen (Surfinia, Begonien, Impatiens) war die Stauchewirkung enorm, andere haben nur wenig reagiert.

Daher können Sie aktuell auch alle Blüten und Pflanzenteile (wenn die Pflanze essbar ist) zum Essen verarbeiten (kleiner Tipp: Begonienblüten sind wirklich lecker im Salat und schauen toll aus).

Ist Bio die Zukunft für uns?

Diese Frage können wir aktuell mit einem klaren Nein beantworten. Wir haben uns im Winter bei einem Zweitagesseminar über Biozierpflanzenproduktion intensiv auseinandergesetzt. Aber die aktuellen Vorgaben würden für uns in vielen Bereichen keinen Sinn ergeben. Beispiel: Im Bioanbau darf nur in Töpfen produziert werden, was mit Töpfen verkauft wird. Alle anderen Pflanzen müssen im gewachsenen Mutterboden angezogen werden. Damit scheiden z.B. unsere Schnitttulpen aus (die werden in Kisten gelegt, damit sie einfach von einer Klimazone in die andere gebracht werden können) und auch unser ganzer Sommerschnitt (der wird auf den Tischen angezogen, damit es für uns einfacher und schneller geht) wäre kein Bio. Auch sehen wir, dass sowohl mineralische als auch organische Dünger sinnvolle Einsatzzwecke haben. Die Beschränkung auf nur organische macht aus unserer Sicht aktuell keinen Sinn (nur so als Erinnerung: Das Nitrat im Grundwasser kommt fast ausschließlich aus organischem Dünger, sprich Tiermist und Tiergülle, die in zu starkem Maß ausgebracht wurde).

Im Biobereich ist zudem jeglicher Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln verboten. Hier wird auch nicht unterschied, ob das Mittel (wie aktuell viele Produkte) aus Pelargonsäure (sprich aus einer Geranienwildart) oder chemisch hergestellt ist. Unkrautbekämpfung findet im Bioanbau ausschließlich mechanisch statt.

Hinzukommt, dass mit Dokumentationspflicht wirklich Mehrarbeit in hohem Ausmaß kommt – bei gleichen Verkaufspreisen. Biozierpflanzen sind aktuell noch kein Markt. Eine Honorierung durch den Verbraucher findet kaum statt.

Behaupten kann es ja jeder – Bio ist überprüft

Diesem Argument können wir aktuell nicht widersprechen. Wir planen gerade, dass wir unser Spritz- und Nützlingstagebuch in sauberer Form online verfügbar machen. Zudem haben wir einen österreichischen Kollegen als Vorbild, der einmal im Jahr, kurz vor der Saison, seine Pflanzen auf Rückstände überprüfen lässt und diesen Prüfbericht dann veröffentlicht. Diese Schritte planen wir im Laufe des nächsten Jahres umzusetzen.

Fazit

Wir freuen uns unheimlich über diesen Quantensprung in unserer Produktion. Wir haben damit das umweltfreundlichste Anzuchtsergebnis in 120 Jahren geschafft.  Das macht uns unser Jubiläum nochmal schöner.

Viele Punkte konnten wir schon schaffen

  • Klimaneutrale Heizung (nur in unserem Rutzendorfer Betrieb)
  • Pfandtöpfe
  • torfreduzierte Erde mit aktuell nur noch 40% Torfanteil (norddeutscher Torf)
  • chemiefreie Anzucht mit natürlichen Pflanzenschutzeinsatz und Nützlingen
  • Umstellung auf modernste Klimacomputer, um heizungssparende Klimaprogramme zu fahren (erst zu 70% umstellt – der Rest kommt im Laufe des Sommers)

    parasitierte Blattlaus
    parasitierte Blattlaus
  • regionaler Einkauf und Verkauf, ohne lange Transportwege (abgesehen von unseren Pflanzen sind hier das beste Beispiel unsere 100% Franken Sträuße – jedes Jahr ab Mai bei uns).
  • Enormes Wissen und Erfahrung über die Reduzierung und Vermeidung von Chemie (das hat wirklich lange gedauert, im chemiefreien Bereich lassen sich die wenigsten Ergebnisse einfach von einem Betrieb zum anderen kopieren).

Leider ist die Liste der Punkte, die wir noch schaffen wollen, mindestens genauso lang. Das fängt mit weiterer Isolierung unserer Gewächshäuser an geht über die Umstellung auf Co2 neutrale Heizung (in Schwabach)  und endet beim Ausbau unserer Photovoltaikanlage und der Umstellung unserer Firmenautos ….

 

 

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